Sympathische Kommunistin
Sie trägt eine weiße Uniform, einen roten Stern auf der Budjonowka und lächelte Museumsbesucher rund um den Globus an – Martin Kippenbergers „Sympathische Kommunistin“ war bereits in Retrospektiven zu Ehren des Künstlers in London, New York und Berlin zu bestaunen: Nun erwarb das Kölner Museum Ludwig mit dem Porträt der schönen Uniformierten ein Schlüsselwerk des „Enfant terrible“ der deutschen Kunstszene.
Martin Kippenberger provozierte seine Zeitgenossen wie kaum ein anderer Künstler des ausgehenden 20. Jahrhunderts. 1953 in Dortmund geboren, hinterließ er nach einem kurzen, exzessiven Leben für die Kunst 1997 ein äußerst umfangreiches wie vielschichtiges Œuvre, nicht selten voll ätzendem Witz. Der beherzte Tabubruch war seine Devise, gern überschritt er die Grenzen der Kunst und des guten Geschmacks: Er nagelte Frösche ans Kreuz oder schickte sein Publikum auf Hakenkreuz-Suche in konstruktivistischen Gemälden. Virtuos mischte er Triviales mit Kunstgeschichte, Zeitgeist und Gesellschaftskritik – Kippenberger gerierte sich als Stachel im Fleisch des bürgerlichen Konservatismus. Zunächst von der Kritik als Kunstrüpel verkannt und belächelt, wurde Kippenberger bald zum Protagonisten seiner Künstlergeneration und postum zu einem der begehrtesten deutschen Künstler und zu einem Liebling des internationalen Kunstmarkts.
Das Porträt der treuherzig blickenden, attraktiven Kommunistin, das Kippenberger 1983 in Köln schuf, ist ein eindrucksvolles Beispiel für seine viel diskutierten künstlerischen Störungen. Mit rohem Pinselstrich und Schlieren von Ölfarbe bemalte der Agent Provocateur die 180 x 150 Zentimeter große Leinwand im Stile des Sozialistischen Realismus – im Westdeutschland des Kalten Krieges ein künstlerischer wie politischer Affront. Doch das Bild verweigert sich einer allzu leichten Deutung: Die kommunistische Propagandakunst wird geschickt verschränkt mit der Malweise des abstrakten Expressionismus und der Pop-Ästhetik der westlichen Konsumwelt. Mit der Wahl eines naiv-kitschigen Motives in der dilettantischen Manier eines „Bad Painting“ kommentiert Kippenberger zudem ironisch die künstlerischen Positionen der großen deutschen Malerschule – dem Ernst von Immendorff, Baselitz und Kiefer begegnete Kippenberger mit hintersinnigem Humor.
Durch Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Landes Nordrhein-Westfalen und dank einer großzügigen Spende erwarb das Kölner Museum Ludwig mit der „Sympathischen Kommunistin“ ein zentrales Frühwerk Martin Kippenbergers. Damit kann das Museum – das bereits neben einem Gemälde und einer Installation zahlreiche Plakate des Künstlers als Dauerleihgaben besitzt – seine Gemäldesammlung der 1980er Jahre um eine lang unterschätzte, aber einflussreiche Gegenposition ergänzen.