Das Miteinander stärken

Liebe Leserinnen und Leser,

„Wir müssen uns immer neu verständigen auf die Werte, auf die Rahmenbedingungen und Grundlagen, in denen wir im gesellschaftlichen Miteinander agieren wollen“, sagt der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda im Interview mit Arsprototo und beschreibt damit die Kernaufgabe einer Gesellschaft, die der Soziologe Andreas Reckwitz unlängst als „Gesellschaft der Singularitäten“ charakterisiert hat. Das stetige Aushandeln von Werten, Rahmenbedingungen und Grund­lagen gesellschaftlichen Miteinanders ist dem Wesen nach ein Prozess des Kulturellen, in dem durch Erzählungen Sinnangebote entstehen. Solche Erzählungen begegnen uns in ganz unterschiedlicher Form, sehr häufig als Werke der Literatur, der Musik, der bildenden und darstellenden Kunst. Einen besonderen Wert für die Gesellschaft haben solche Erzählungen dann, wenn ihre Sinnangebote überzeugen, Menschen dauerhaft miteinander verbinden und so Gemeinsamkeit stiften, auch über räumliche und zeitliche Distanzen hinweg.

Es ist die Gründungsidee der Kulturstiftung der Länder, diejenigen Vorhaben im Bereich Kunst und Kultur zu fördern, die von gesamtstaatlicher Bedeutung in dem Sinne sind, dass in ihnen das Verbindende und Gemeinsame in unserer Gesellschaft sichtbar wird. Dabei kann es beispielsweise um die Erwerbung von Werken der bildenden Kunst und der Literatur gehen, die zu Referenzpunkten unserer Erzählungen über kulturelles und gesellschaftliches Zusammenleben in Deutschland geworden sind. Ebenso wichtig sind in diesem Kontext aber auch Projekte, die Dialog und Austausch in Situationen fördern, in denen Kultur­güter zum Gegenstand von Erzählungen über Verlust und menschliches Leid geworden sind. Mit dem Schwerpunkt „Deutsch-Russischer Museumsdialog“ widmet sich diese Ausgabe von Arsprototo den Möglichkeiten, die Kulturinstitutionen haben, um mit solchen sensiblen Erzählungen auf respektvolle und behutsame Weise umzugehen und in vollem Wissen um das Vergangene einer gemeinsamen Zukunft durch Austausch und partnerschaftlichen Dialog den Weg zu bereiten. Zu Wort kommen dabei Expertinnen und Experten aus Russland und Deutschland, die sich seit mehr als einem Jahrzehnt für diese ‚Kulturen des Austauschs‘ einsetzen und damit einen wichtigen Beitrag zu den deutsch-russischen Kulturbeziehungen leisten.

Das Miteinander steht auch im Mittelpunkt zweier Beiträge, die wichtigen Partnerinstitutionen der Kultur­stiftung der Länder gewidmet sind, der Hermann Reemtsma Stiftung sowie der Ernst von Siemens Kunststiftung. Ohne die enge, vertrauensvolle Partnerschaft mit diesen und weiteren Förderinstitutionen könnte die Kulturstiftung der Länder ihre zahlreichen Aufgaben nicht angemessen erfüllen.

Miteinander im Wettstreit um den Titel „Kultur­hauptstadt Europas 2025“ stehen in Deutschland derzeit mehrere Städte, die sich im Rahmen des von der Kulturstiftung der Länder organisierten deutschen Wettbewerbsverfahrens mit der Frage beschäftigen, wie Europa und die Idee der europäischen Einheit die Kultur einer Stadt maßgeblich prägen können und wie eine Stadt ihren unverwechselbaren Platz in den vielfältigen kulturellen Landschaften Europas finden und behaupten kann. Im Bericht „Kulturhauptstadt Europas 2025“ erhalten Sie einen spannenden Einblick in die Wettbewerbsvorbereitungen der deutschen Bewerberstädte.

Virtuoses, Fesselndes und vormals Bedrohtes begegnet Ihnen schließlich in den Rubriken „Erwerbungen“, „Ausstellungen“ und „Restaurierungen“. Ebenso wie in „Zahlen und Fakten zur Kulturstiftung der Länder im ersten Halbjahr 2019“ finden Sie dort umfassende Informationen zur Fördertätigkeit der Kulturstiftung der Länder. Ohne die fortgesetzte großzügige Unterstützung aller 16 Länder wäre diese Fördertätigkeit nicht möglich, für mich ein weiterer, sinnfälliger Beweis für die Stärke des Miteinanders!

Ihr Markus Hilgert