Bonn im Fluxus

Köln und die von ihr kräftig durchgerüttelte rheinische Kunstszene hinter sich lassend, eroberte die Künstlerin Mary Bauermeister in den 1960er Jahren auch die Zentren der amerikanischen Kunstwelt. In den großen Sammlungen des MoMA, im Guggenheim und im Whitney Museum in New York oder im Hirshhorn Museum in Washington gehören Bauermeisters singuläre Werke – von der Malerei und Zeichnung über ihre surrealen, optischen bis hin zu den skulpturalen Objekten – seit Jahrzehnten zum die Kunst revolutionierenden Kanon nach dem Zweiten Weltkrieg. Hatte Bauermeister mit ihrer Kunst des – von ihr selbst so bezeichneten – „Post-Dada“ als eine der Protagonisten den aufkommenden Fluxus geprägt und ab 1957 die Spitze der Avantgarde aus bildender Kunst, Musik und Architektur in ihrem vielbesuchten und -bespielten Kölner Atelier versammelt, dabei Künstler wie Nam June Paik, Karlheinz Stockhausen, John Cage oder Otto Piene zu legendären, gemeinsamen Kunstaktionen eingeladen, setzte sie ihre einflussreiche Arbeit als Künstlerin wie als Netzwerkerin in den USA ab 1962 mit u. a. Jasper Jones, Christo und Jean Tinguely fort.

Mit Karlheinz Stockhausen, den sie 1967 geheiratet hatte, und ihren gemeinsamen Kindern zurück in Deutschland zu Beginn der 1970er Jahre, wurde Bauermeisters Werk trotz der erlangten internationalen Anerkennung hierzulande eher zögerlich aufgenommen. Erst in den letzten Jahren konnte die energetische Künstlerin große Retrospektiven in Bonn, Berlin und Ludwigshafen feiern. Im LVR-Landesmuseum Bonn hegte man lange schon den Wunsch, Bauermeisters Werk – neben den vorhandenen graphischen Arbeiten – auch mit einem Hauptwerk zeigen zu können, um im Kreis der Künstler um Wolf Vostell und der Rheinschiene sowie der Zero-Gruppe auch Bauermeisters Schaffen eindrucksvoll präsentieren zu können: Mit dem Ankauf ihres Linsenkastens „All Things Involved in All Other Things“ kommt nun mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und des Landes NRW ein paradigmatisches Werk der amerikanischen Episode in das Bonner Haus. Klassische, surreale, konkrete und optische Elemente verbinden sich in einer komplexen Anordnung mit Elementen des Comics in Zeichnung, Malerei, Skulptur und Musik zu einer kybernetischen Figur, die zu ihrer Zeit kein vergleichbar vielschichtiges Pendant kannte; artistisch verwebte Bauermeister Stein, Holz, Glas, Tusche, Aquarell, Bleistift, Schrauben, Strohhalme und Fotografie in ihrem Objektkasten.

Im Bonner Museum steht das Werk, das sich bereits seit einigen Jahren als Leihgabe von Mary Bauermeister in Bonn befand, nun weiter im Kreis der Kunst nach 1945 und charakterisiert die Künstlerin als politische und zugleich virtuose künstlerische Persönlichkeit.