Berliner Sommergipfel
Zunächst, am Freitagabend, stellte uns der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Professor Hermann Parzinger, auf höchst anschauliche und engagierte Weise die inhaltliche und räumliche Konzeption des ab 2018 im Neuen Stadtschloss untergebrachten Humboldtforums vor. Den meisten Zuhörern wurde wohl zum ersten Mal richtig bewusst, welch ungeheure Vielfalt an Exponaten aus allen Weltgegenden dem Besucher dort künftig, nach Regionen und Kulturen angeordnet, präsentiert werden. Der sachliche, gediegene Ausstellungsstil fügt sich trefflich in die moderne Architektur, denn es geht beim neuen Schloss ja ausdrücklich nicht um eine Totalrekonstruktion des 1950 gesprengten Bauwerks, sondern um einen Neubau, dem nach außen vor allem an den Fassaden und in den Innenhöfen historische Bauteile appliziert werden. Die Berliner Mitte erhält somit ihr Gesicht zurück und blickt aufgrund des Humboldtforums, aber auch der Präsentation der Sammlungen der Humboldt-Universität und des Beitrags von Seiten der Stadt gleichzeitig ganz eindeutig in die derzeitige, globalisierte Welt.
Am Erschließen dieser vor 200 Jahren noch keineswegs vollständig bekannten Welt war ganz wesentlich der Namensgeber des Forums, Alexander von Humboldt, beteiligt. Und so war es ein besonderer Höhepunkt des kleinen Programms, dass uns nach den Ausführungen von Professor Parzinger Frau Schneider-Kempf, die Direktorin der Staatsbibliothek zu Berlin, der für die wunderbare Gastfreundschaft zu danken ist, in den auf Berlin und Krakau verteilten Nachlass Humboldts einführte. Frau Dr. Weber, die stellvertretende Leiterin der Handschriftenabteilung, präsentierte sodann die originalen Tagebücher Humboldts von seiner Amerika-Reise – sie konnten mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder 2013 für die Bibliothek gesichert und damit vor der Abwanderung ins Ausland bewahrt werden. Frau Weber wies auf zahlreiche Details wie Schreibstil, Aufzeichnungssystem, die Einstreuung von Statistiken und Zeichnungen in die unterschiedlich großen Notizbücher hin und zog das Publikum nicht nur dadurch, sondern auch durch ihre ansteckende begeisterte Art der Präsentation in ihren Bann.
Nachdem ein Abendessen in entspannter Atmosphäre den ersten Abend abgeschlossen hatte, folgte am Samstagmorgen zunächst ein Gang durch die Humboldt-Box direkt neben dem neuen Stadtschloss. Hier gelang es Frau Probst aufs Trefflichste, anhand wunderbar klarer Modelle die Ausführungen von Professor Parzinger zu ergänzen und vollends zu veranschaulichen. Die Dimensionen des Humboldtforums und seiner Sammlungen verschlugen manchem Besucher die Sprache: auf 24.000 Quadratmetern werden Tausende von Exponaten aus dem Ethnologischen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst zu sehen sein. Schlagartig wurde deutlich, welcher Vorlauf für die Verlagerung der Stücke aus den Stammhäusern, zuvorderst Dahlem, notwendig ist und vor welchen Aufgaben die Gründungsintendanz stehen wird.
Auch die nächste Station unseres kleinen Programms war der kulturellen Vielfalt verpflichtet. In der von den Kulturstiftungen des Bundes und der Länder finanzierten Ausstellung Homosexualität_en im Deutschen Historischen Museum geht es um die Bedeutung von Geschlechterrollen, um sexuelle Lebensentwürfe und um die bis heute anhaltenden, weil beileibe noch nicht erfüllten Emanzipationsbestrebungen nicht-heterosexueller Gruppen. Die überaus engagierten Kuratorinnen Dr. Birgit Bosold und Dr. Dorothée Brill verstanden es hervorragend, nicht nur die Exponate zum Sprechen zu bringen, sondern auch profunde Hintergrundinformationen zu liefern. Eine kleinere Gruppe wollte unbedingt auch das Schwule Museum besuchen, um das Gesamtprojekt einschätzen zu können. Das Echo auf die Veranstaltung insgesamt war, gerade auch beim Jungen Freundeskreis, durchweg positiv, so dass wir das Format gern auch an anderen Orten fortsetzen wollen.