Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung erwirbt Gemälde von Oskar Schlemmer

Dazu Elke Büdenbender, Mitglied des Vorstands des Bauhaus-Archiv e.V. und Ehefrau des Bundespräsidenten: „Mein Mann und ich danken den beteiligten Stiftungen und der Berliner Senatsverwaltung sehr dafür, dass dieses herausragende und wunderschön dichte Gemälde von Oskar Schlemmer für das Bauhaus-Archiv erworben werden konnte. Mit dem großzügigen Engagement dienen die Stiftungen der Öffentlichkeit und allen Menschen, die dieses einmalige Stück aus der Bauhaus-Zeit künftig im Museum für Gestaltung sehen und sich daran erfreuen können.“ Anlässlich der Erwerbung des Gemäldes durch das Bauhaus-Archiv hatten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau die an der Erwerbung Beteiligten zu einem Termin ins Schloss Bellevue geladen.

„Oskar Schlemmer gehört zu den zentralen Persönlichkeiten des Bauhaus und war ein maßgeblicher Wegbereiter der Moderne in Deutschland. In seinen Geländer- und Treppenbildern, zu denen auch das Werk Rote Gruppe – Kleinbild IV gehört, visualisiert er die Bauhaus-Vision wie kein anderer Künstler. Ich freue mich, dass das Werk, das in besonderem Maß dem  Ausstellungs- und Sammlungsprofil des Bauhaus-Archives entspricht, künftig in der geplanten Dauerausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann“, so Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder.

Das kleinformatige Ölgemälde zeigt vier Personen auf einer Treppe, dargestellt in besonderer Nahsichtigkeit und Ausschnitthaftigkeit.
Oskar Schlemmer, Rote Gruppe – Kleinbild IV, 1932, Bauhaus-Archiv Berlin / Ernst von Siemens Kunststiftung

Das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung erwirbt das Gemälde aus Privatbesitz. Von Januar 2015 an war es, bis zum Beginn der Sanierung des Museums (2018), als Leihgabe in der Dauerausstellung zu sehen. Nun hängt es vorübergehend im Büro von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue in Berlin, bis die Sanierungsarbeiten und die Errichtung des Neubaus des Museums abgeschlossen sind. Als bekennender Bauhaus-Enthusiast, war Steinmeier bereits Schirmherr des Eröffnungsfestivals zum Jubiläumsjahr „100 jahre bauhaus“, das 2019 in der Akademie der Künste stattgefunden hat.

Das Museum besitzt bereits zahlreiche Werke Schlemmers, darunter die Kohlevorzeichnung der Bauhaustreppe aus der Werkgruppe der Geländer- und Treppenszenen, zu der auch Rote Gruppe – Kleinbild IV zählt. Bei dieser Gruppe handelt es sich um mehrere kleinformatige und großformatige Bilder, in denen Schlemmer immer wieder das Treppenmotiv aufgreift.

Rote Gruppe gehört zudem zu der vom Künstler als „Kleinbilder“ bezeichneten Gruppe mehrerer kleinformatiger Ölbilder. Sie zeichnen sich durch ihre Nahsichtigkeit und Ausschnitthaftigkeit aus.  Es zeigt eine Gruppe von vier Personen auf einer Treppe. Diese wird dargestellt durch waagerecht verlaufende, blaue und weiße Streifen, eine orange-braune Diagonale deutet ein Geländer an. Die Personen – eine im Profil, eine im Halbprofil und zwei in Rückenansicht – erschließen auf verschiedenen Ebenen den Raum. Indem alle Figuren angeschnitten sind, erweitert Schlemmer diesen über die Bildgrenze hinaus bis in den Realraum des Betrachters. Die Gesichter sind nur schemenhaft erkennbar. Als Typen ohne individuelle Züge stellen sie für Schlemmer Sinnbilder des modernen Menschen dar.

Durch das dominante Treppenmotiv kann das Gemälde der Gruppe der Geländer- und Treppenszenen von 1931-32 zugeordnet werden. In seinen Geländer- und Treppenszenen hat Schlemmer diese Vision bildlich umgesetzt und konsequent die Verortung der menschlichen Figur im Raum durchgespielt.

Der 1888 in Stuttgart geborene Schlemmer prägte während seiner Zeit als Professor in unterschiedlichen Fachgebieten am Bauhaus die Lehre und das Erscheinungsbild der Avantgarde-Schule entscheidend. 1929 nahm er eine Professur an der Staatlichen Akademie für Kunst und Gewerbe in Breslau an, in der Hoffnung, sich dort verstärkt auf sein eigenes Schaffen konzentrieren zu können. In dieser Zeit entstanden auch seine Geländer- und Treppenszenen. Nur drei Jahre später nahm er einen Lehrauftrag an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin an. Mit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde er im März 1933 fristlos entlassen, 1934 wurden seine Wandbilder im Folkwang-Museum in Essen zerstört sowie zahlreiche Gemälde und Grafiken als „entartete Kunst“ diskreditiert. Das Werk Rote Gruppe – Kleinbild IV ist somit ein Zeugnis seiner letzten Schaffensphase vor der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten.

Weitere Förderer dieser Erwerbung: Ernst von Siemens Kunststiftung, Hermann Reemtsma Stiftung