Bach-Gesamtausgabe von Gustav Mahler kommt nach Leipzig
Der Podcast zur Erwerbung:
Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Gustav Mahlers Gesamtausgabe der Werke Bachs ermöglicht es, nachzuvollziehen, wie Mahler Bach verstanden hat und wie er dessen Werke interpretierte und aufführte. Mit dem Ankauf für das Bach-Archiv Leipzig kehrt die Ausgabe zurück an Bachs Hauptwirkungsort und kann dort einem breiten Publikum präsentiert werden. Bislang befand sich die Ausgabe ausschließlich in Privatbesitz – nun kann sie erstmalig umfassend untersucht und Forscherinnen und Forschern weltweit zugänglich gemacht werden. Ich freue mich auf viele neue Erkenntnisse über Mahlers Sicht auf Bach und die Bach-Rezeption des beginnenden 20. Jahrhunderts.“
Der in Böhmen geborene Gustav Mahler zählt zu den bedeutendsten Komponisten und Dirigenten seiner Zeit. Als Kapellmeister war er zwei Jahre in Leipzig tätig (Juli 1886 bis Mai 1888). Zahlreiche Dokumente und Zeitzeugenberichte belegen seine Verehrung für Bachs Werke. Aus Privathand erwirbt das Bach-Archiv Leipzig Mahlers nahezu vollständige Bach-Gesamtausgabe, darin nicht enthalten sind Band IV (Matthäus-Passion) sowie der erst nach Mahlers Tod erschienene Nachtragsband XLVII mit Wolfgang Gräsers Bearbeitung der Kunst der Fuge. In den vier Bänden Weihnachts-Oratorium, Kunst der Fuge, Orchestersuiten und Violinsonaten finden sich umfangreiche Eintragungen von Gustav Mahler. Die zwischen 1851 und 1900 in Leipzig erschienene Gesamtausgabe war zu Lebzeiten Mahlers das Referenzwerk jeglicher Beschäftigung mit Bach.
Von besonderem Interesse für die Forschung ist die, dem Band beigelegte, eigenhändige Bearbeitung Mahlers der Gavotte BWV 1068/3 aus der dritten Orchestersuite. Sie entstand wahrscheinlich 1909 – das Jahr in dem Mahler in New York Bachs Werk dirigierte. Berühmt geworden ist seine, für die Aufführung neu aus zwei Suiten zusammengestellte und mit einer veränderten Instrumentierung versehene ‚Bach-Suite‘. Mahler trug als einer der prägendsten Dirigenten seiner Zeit wesentlich dazu bei, die österreichisch-deutsche Interpretationstradition in die Neue Welt zu tragen. Seine Bach-Ausgabe ist ein wichtiges Zeugnis dieser Tradition und auch neuer Interpretationswege.
Nach Mahlers Tod ging seine Ausgabe von Bachs Gesamtwerk in den Besitz seiner Ehefrau Alma Mahler-Werfel (1879-1964), dann in den Besitz seiner Tochter Anna Mahler (1904-1988) und später in den seiner Enkeltochter Marina Fistoulari-Mahler (geb. 1943) über. Im Mai 1992 wurde sie auf einer Auktion in London versteigert und von Sir Ralph Kohn (1927-2016) erworben. Der britische Unternehmer und Philanthrop Kohn war deutscher Herkunft und förderte zu Lebzeiten das Bach-Archiv und das Bachfest Leipzig sowie das Forum Thomanum. Aus seinem Nachlass erwirbt das Bach-Archiv die Gesamtausgabe und bringt sie somit zurück in die Stadt, in der Johann Sebastian Bach von 1723 bis zu seinem Tod 1750 als Thomaskantor tätig gewesen war.
Weitere Förderer dieser Erwerbung: B.H. Breslauer Foundation, Burkhard Gantenbein, Adelheid Baumhauer & Jon Baumhauer, Berenike Ullmann, Neue Bachgesellschaft e. V. (NBG), Martin Steger, ERWO Holding AG