Ausgeschnitten und eingeklebt
Das Literaturzentrum Neubrandenburg führt seit über 30 Jahren ein regionales Literaturarchiv, dessen wichtigster Bestand der Nachlass von Hans Fallada (1893 –1947) ist. Falladas Bücher werden seit einigen Jahren weltweit neu übersetzt und verlegt. Das Forschungs- und Medieninteresse im In- und Ausland wächst seitdem deutlich, was zu einer stärkeren Nutzung der Archivbestände führt. Die Dokumente geben Einblicke in die Lebens- und Schaffensumstände dieses populären Schriftstellers und spiegeln ein Stück Zeit- und Verlagsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Es ist daher wichtig, sie für zukünftige Forschungsvorhaben zu erhalten und zu sichern. Einen bedeutenden Beitrag dazu leistet die Projektförderung der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) für die Restaurierung stark gefährdeter Teile der Rezensions- und Briefsammlung Hans Falladas aus den 1930er und 40er Jahren.
Zu Beginn des Jahres 1930 wurde Hans Fallada Mitarbeiter im Ernst Rowohlt Verlag in Berlin. Bis dahin hatte er sich seinen Lebensunterhalt als Lokalreporter und Annoncenwerber in Neumünster verdient. In seinem Erinnerungsbuch „Heute bei uns zu Haus“ (1943) schreibt er darüber: „Kommt in einem Verlag ein neues Buch heraus, so werden Besprechungsexemplare an Zeitungen und Zeitschriften versandt. […] Mein Amt sollte es nun sein, übersichtliche Listen über den Versand dieser Besprechungsexemplare anzulegen, aus denen auf einen Blick zu ersehen war, wer wann was erhalten hatte. Weiter musste ich dann die von zwei Ausschnittbüros übersandten Kritiken ordnen und in ebendiesen Listen abbuchen. […] Worauf ich mich auf wahre Berge von Zeitungsausschnitten stürzte. Ich las, ordnete, klebte ein, buchte – kurz, aus dem Straßenläufer war ein Bürositzling geworden. Mir gefiel das ausgezeichnet.“
Falladas Angestellten-Dasein im Verlag währte nur kurz bis 1931, aber das Sammeln, Ordnen und Bewahren der Rezensionen zu seinen Büchern hat er weiter akribisch betrieben. Im Nachlass haben sie sich erhalten, geordnet nach Büchern und Erscheinungsorten, darüber hinaus eine große Anzahl von Briefen von und an den Schriftsteller, die er ebenfalls nach Briefpartnern und Jahrgängen abgelegt hatte.
Im Laufe der Jahre haben diese alten Papiere stark gelitten. Das holzhaltige Papier zerfällt langsam. Die säurehaltigen Klebstoffe fingen an, die aufgeklebten Zeitungsartikel zu zersetzen und die Schrift verblassen zu lassen. Mechanische Beschädigungen wie Risse oder Knicke waren aufgetreten. Mit Hilfe der Förderung durch die KEK können diese Papiere nun vor weiterem Zerfall geschützt werden. Dazu werden die alten Verklebungen gelöst, Zeitungsausschnitte und Trägerpapiere getrennt, beides wird entsäuert und anschließend mit neuen Klebern in archivgerechter Qualität wieder zusammengefügt. Bei mechanischen Beschädigungen werden die Blätter mit neuem Trägerpapier hinterlegt und so stabilisiert. Die Restaurierungsarbeiten werden von der Papierwerkstatt des Neubrandenburger Regionalmuseums durchgeführt.