Archive und Selbstzeugnisse/ Was wurde aus...?

Aus dem Archiv auf den Teller: Historische Menükarten werden zum Leben erweckt

Was wurde aus…?
Seit 35 Jahren fördert, entwickelt, berät und begleitet die Kultur­stiftung der Länder im Auftrag der 16 deutschen Länder Projekte und Initiativen in den Bereichen Kunst und Kultur, die gesamtstaatlich bedeutsam sind. Eine ihrer Kernaufgaben ist die Förderung des Erwerbs von Kulturgut, das für das kulturelle Selbstverständnis und gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen in Deutschland einen hohen Wert besitzt. Dabei ist die Erwerbung aber kein Selbstzweck. Ziel solcher Förderungen ist, dass diese Objekte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, vermittelt und erforscht werden; dass sie Wirkung entfalten. Sie erzählen regionale oder überregionale Geschichte, sie vermitteln Standpunkte, Techniken, Biografien oder Provenienzen. Oder sie regen Forschung an und finden ihren Niederschlag in Publikationen, wissenschaftlichen Arbeiten oder Filmen, die im Fernsehen oder auf Filmfestivals von einem breiten Publikum wahrgenommen werden.
Auf den folgenden Seiten sehen Sie, wie es mit der Geschichte einiger Objekte weitergegangen ist, nachdem ihr Ankauf von der Kultur­stiftung der Länder gefördert wurde.

Aus dem Archiv auf den Teller: Historische Menükarten werden zum Leben erweckt

Im Frühjahr 2022 zeigte der Mitteldeutsche Rundfunk eine Dokumentation über Menschen, die nicht nur eine Leidenschaft für Essen, sondern auch die Begeisterung für historische Rezepte verbindet; darunter ein Fleischerehepaar, das eine sächsische Dauerwurst nach einem Rezept des kurfürstlichen Hofes um 1600 herstellt oder Spitzenköche mit einer Leidenschaft für die Spitzengastronomie vergangener Jahrhunderte. Sie alle schwärmten vom Deutschen Archiv der Kulinarik, der deutschlandweit einzigartigen Sammlung zur Entwicklung der Kochkunst, Tafel- und Esskultur, die die Sächsische Landes­bibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) in den vergangenen Jahren zusammengetragen hat.

Das Archiv umfasst den Nachlass des Gastronomiekritikers Wolfram Siebeck (1928 – 2016), die Bibliotheca Gastro­nomica von Walter Putz (1924 – 2015), die Sammlung des ersten deutschen 3-Sterne-Kochs Herbert Schönberner (*1940) sowie die von Lothar Eiermann (*1945). Im Februar 2021 war – gefördert von der Kulturstiftung der Länder – die legendäre ­Kulinaria-Sammlung von Ernst Birsner (1935 – 2015) hinzugekommen, eine der größten Sammlungen zur Geschichte der Kochkunst im deutschsprachigen Raum, die heute einen wesentlichen Teil des Dresdner Archivs ausmacht. Der einstige Leibkoch der Verlegerfamilie Burda hatte sie über 50 Jahre zusammengetragen; 50.000 Objekte aus mehreren Jahrhunderten, darunter das Menübuch von Wilhelm II. aus seinem Exil in Doorn oder das Menübuch von Elisabeth II., Königin von ­England.

2022 hatte die SLUB Dresden zusammen mit der Technischen Universität Dresden (TU) das Deutsche Archiv der ­Kulinarik gegründet, dessen Ziel es ist, die einzigartige Sammlung zur Kochkultur und Tafelkunst systematisch auszubauen und zu erforschen. In der SLUB werden die zahlreichen Dokumente nun digitalisiert, archiviert und soweit wie möglich online zur Verfügung gestellt. In der Lehrküche der TU werden Rezepte aus dem Archiv nachgekocht. Die Kulinarik-Forschung, so heißt es von der SLUB, würde es ohne die Sammlung Birsner vermutlich so nicht geben.

Das Deutsche Archiv der Kulinarik wird nun Zug um Zug auch vor Ort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, mit ­Ausstellungen, wissenschaftlichen Tagungen und Veranstal­tungen für Jung und Alt, um den gesellschaftlichen Diskurs rund um Themen wie Ernährung und Kulinarik zu beleben. Im April 2023 hat die SLUB das „Food Studio“ eingerichtet, einen Raum, in dem Besucherinnen und Besucher direkten Zugriff auf die Sammlung haben und sie live nutzen können.  

Dela Mießen ist Mitarbeiterin von Arsprototo.

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