Gerhard Marcks, Kastalia, 1930–1932

Melancholisch schweift der Blick der Quellnymphe in die Ferne, während sie sich zum Schutz vor fremden Blicken mit ihrem Gewand verhüllt – Gerhard Marcks‘ Skulptur „Kastalia“ (1932) markiert einen Wendepunkt im Schaffen des Bildhauers: nach Experimenten mit der expressionistischen Formensprache und dem Bauhaus-Funktionalismus fand Marcks (1889–1981) mit der Vorarbeit zur 2002 vom Bremer Gerhard-Marcks-Haus erworbenen Steinfigur seine neue künstlerische Heimat im antiken Griechenland. Inspiriert von archaischen Antiken, die der Skulpteur auf einer Studienreise bewunderte, schlug Marcks die mythische Nymphe der dichterischen Inspiration aus besonders hartem Parischen Mamor. Die allegorische Darstellung ist eines der selten erhaltenen Frühwerke des von den Nationalsozialisten in der Aktion „Entartete Kunst“ verfemten Bildners. Die Publikation gibt erstmals Aufschluss über die Entstehung, Rezeption und komplexe Deutung von Marcks‘ fast vergessenen Schlüsselwerk.