Land der Burgen und der Schlösser

Liebe Leserin, lieber Leser,

dass Deutschland ein föderales Land ist, bestehend aus 16 Ländern, zeigt sich nicht nur an der Kulturstiftung der Länder, sondern auch in seiner Kulturlandschaft. Während sich in Frankreich, Spanien oder Großbritannien die großen musealen Sammlungen auf eine, vielleicht zwei Städte konzentrieren, findet man hierzulande im Abstand von nur einer Zugstunde Museen von Weltrang. Nicht nur in der Hauptstadt Berlin, sondern auch in Potsdam, Schwerin, Dresden, Leipzig, München, Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Kassel, Dessau, Weimar, Gotha, Braunschweig, Hamburg, Hannover, Bremen – um nur einige Städte zu nennen –, begegnen uns die wahrsten Schatzhäuser, die bis heute Zeugnis ablegen von deutscher, europäischer, ja selbst globaler Geschichte.

Aus weit mehr als 16 Ländern hatte das Heilige Römische Reich Deutscher Nation bestanden: Gut 300 souveräne Staaten waren aus dem Westfälischen Frieden 1648 hervorgegangen, und so nimmt es nicht wunder, dass zahllose Burgen und Schlösser bis heute Deutschland prägen – Häuser, deren Sammlungen oft Grundstock für Museen wurden.

Museen sind Erfindungen des 19. Jahrhunderts, des bürgerlichen Zeitalters, wohingegen die meisten Adelssitze tief in die Vergangenheit zurückreichen. Und eben diese Vergangenheit war für die jeweilige Gegenwart von großem Gewicht: Denn die Repräsentation von Tradition spielte in der Legitimation der Dynastie eine entscheidende Rolle – nicht von ungefähr stand die Bewahrung des Überkommenen gleichsam als „Ahnengalerie“ den kommenden Generationen als Verpflichtung und Aufgabe vor Augen.

Heute, nach den Wechselfällen der deutschen Geschichte – Weltkriege, Teilung und Wiedervereinigung – ist die Bewahrung dieser Sammlungen, soweit noch am historischen Ort vorhanden, eine Heraus­forderung, der sich die Länder und Kommunen mit großem Einsatz widmen. Wir als föderale Stiftung fühlen uns diesem Erbe in besonderer Weise verpflichtet.

In der zweiten Ausgabe von Arsprototo in diesem Jahr möchten wir Ihnen berichten, wie wir in Sachsen und in Thüringen dabei helfen konnten, wichtige Ensembles der Bildenden Kunst und des Kunsthandwerks aus historischen Adelssammlungen für die ­Öffentlichkeit zu sichern – an ihren angestammten Plätzen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer und empfehle Ihnen ab Seite 50 den Artikel von Uta Baier über den Sammler Johann Gottlieb Milich, mit welchem wir das Land Sachsen würdigen möchten, dem dieses Heft gewidmet ist.

Ihre Isabel Pfeiffer-Poensgen