Geheime Einblicke

Sie sind neben den Medici aus Florenz die berühmteste Familie der frühen Neuzeit: die Fugger aus Augsburg. Sagenhafter Reichtum aus Tuch- und Gewürzhandel, Kredit- und Bankgeschäften oder auch dem Ablasshandel machte die Fugger schließlich auch zur politisch äußerst einflussreichen Kraft im 16. Jahrhundert in Europa. Heiraten in wichtige Adelsfamilien sicherten ihre gewachsene Macht. Gegner der Fugger geißelten wucherische Geldgeschäfte und ihre Einflussnahme bei Hof, andererseits entwickelte die Familie früh auch soziales Engagement, etwa die Einrichtungen für bedürftige Mitbürger, die „Fuggerei“ in Augsburg.

Ihre eigene Geschichte, die Geschichte ihres unvergleichlichen Aufstiegs, ließ ab 1545 Hans Jakob Fugger in einem reich illuminierten „Geheimen Ehrenbuch der Fugger“ darstellen: die bedeutendste Handschrift der deutschen Renaissance, die sich noch in privater Hand befand. Hubertus Fürst Fugger-Babenhausen entschloss sich nun, dieses Werk in die Bayerische Staatsbibliothek München zu geben; die Bibliothek der Fugger – sie waren einst die ersten großen Bibliophilen nördlich der Alpen – bildet dort seit der Übernahme 1571 durch Albrecht V., Herzog von Bayern, den Grundstock der Bayerischen Staatsbibliothek.

Der Ankauf des „Ehrenbuchs“ und eines zweiten Buchs, des kolorierten Drucks „Fuggerorum et Fuggerarum Imagines“, wurde ermöglicht durch die Unter­stütz­ung der Kulturstiftung der Länder, die neben ihrem finanziellen Engagement maßgeblich beratend tätig war, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Bayeri­schen Landesstiftung, sowie des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Volkswagenstiftung und der Kurt und Felicitas Viermetz-Stiftung.

Es ist eine Jahrhundertakquisition für die Bayerische Staatsbibliothek: Eine der kostbarsten illuminierten Handschriften der deutschen Renaissance gelangt in die Sammlung der Bibliothek: das sogenannte Geheime Ehrenbuch der Fugger – „die große weltberühmte Fugger-Chronik – ein Schatzstück ersten Ranges“. Die Handschrift mit Buchmalereien des bekannten Augsburger Künstlers Jörg Breu d.J. entstand zwischen 1545 und 1548 als Auftragswerk und stellt einen Höhepunkt in der Spätzeit der illuminierten Handschriften dar. Auf 261 Seiten, mit 78 ganzseitigen Bildnissen, zahlreichen Wappen sowie 91 Seiten mit Bordüren, mit Gold- und Silberhöhungen, erzählt es die Geschichte des Aufstiegs der Familie in der Reichsstadt Augsburg zur reichsten Kaufmannsfamilie ihrer Zeit.

Der zweite Band, der jetzt ebenfalls nach München gelangt, dokumentiert u.a. die erfolgreiche Heiratspolitik der Fugger: Die illuminierte Kupferstich-Galerie „Fuggerorum et Fuggerarum Imagines“ wurde bereits 1588 von Philipp Eduard Fugger und seinen Brüdern beim Kupferstecher Dominicus Custos in Auftrag gegeben, später von dessen Stiefsöhnen Lukas und Wolfgang Kilian erweitert. Der erwor­bene Druck  von 1618, eine erweiterte Neuauflage, stellt das einzige kolorierte Exemplar der „Imagines“ dar, auf 138 Blättern zeigt es eine unikale Galerie der Fugger, angefangen mit Jakob dem Älteren (1412–1469). Die gedruckten unkolorierten Exemplare dienten wohl als Repräsen­tations­geschenke und nicht zuletzt zur historischen Traditions­bildung, dem sozialen Aufstieg der Familie entsprechend.

Nachdem die Kulturstiftung der Länder bereits 2007 den Ankauf der „Ottheinrich-Bibel“ für die Bayerische Staatsbibliothek unterstützt hatte, konnten jetzt mit ihrer Hilfe weitere spektakuläre Werke dieser Zeit für die Öffentlichkeit gesichert werden. Die Kulturstiftung war hierbei, wie bei vielen Erwerbungsför­derungen, auch intensiv beratend tätig.