Der Bücherschatz der Benediktiner

Eindrucksvolle Folianten, handliche Quartformate und kleine Oktavbändchen – die Bibliothek der Benediktiner auf dem Jakobsberg in Mainz beinhaltete alles, was die Brüder eines wohlhabenden Ordens für ihr christliches Tagwerk benötigten. Seit 1050 lebten sie hier, wo die nahen Ruinen des „heidnischen“ römischen Theaters sie an ein Leben im Namen Gottes gemahnten. Im Laufe der Jahre wuchs der Wohlstand der Brüder, auch wenn immer wieder Bluttaten den Klosterfrieden störten. So wurde 1160 Erzbischof Arnold auf dem Jakobsberg ermordet, wohin er sich zur Aussöhnung mit den Ministerialen der Stadt Mainz begeben hatte. Kloster und Kirche fielen bei den darauf folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen Brand und Verwüstung zum Opfer. 1329 brannte die neue, 1186 vollendete Kirche erneut nieder, als die Bürger der Stadt Mainz für Erzbischof Heinrich III. und gegen Erzbischof Balduin von Trier kämpften. Dennoch erfreuten sich die Mönche auf dem Jakobsberg eines gedeihlichen Lebens. Im 18. Jahrhundert war ihre Sammlung so stark angewachsen, dass man für die Bücher einen eigenen Bibliotheksbau errichtete. Doch die Freude währte nicht lange.

1793, während der Belagerung von Mainz, zerstörten die Koalitionstruppen von Preußen und Österreich das Kloster fast vollständig. Dabei mag es wenig tröstlich gewesen sein, dass das eigentliche Ziel der Zerstörung die Zitadelle war, in deren Eingrenzung das Jakobskloster stand. Fortan dienten seine wenigen noch erhaltenen Gebäudeteile militärischen Zwecken, und nur neun Jahre später wurde das Kloster endgültig aufgehoben.

Die am stärksten beschädigten Bände des Jakobsklosters. Das Titelblatt des querliegenden Bandes zeigt eine Druckwerkstatt
Die am stärksten beschädigten Bände des Jakobsklosters. Das Titelblatt des querliegenden Bandes zeigt eine Druckwerkstatt

Die Bücher, die den schweren Beschuss überlebt hatten, kamen 1805 in die Mainzer Stadtbibliothek und von dort aus ins Gutenberg-Museum. Identifizierbar sind diese 80 Bände der Inkunabelsammlung des Gutenberg-Museums heute noch durch handschriftliche Vermerke des Klosterbibliothekars im Buch oder durch ein in das Buch geklebtes Exlibris, so wie es sich Abt Jacob Keim 1608 in Kupfer stechen ließ.

Weitgehend sind die Bände in ihren ursprünglichen Einbänden – hölzerne Deckel, mit Leder überzogen – überliefert, ein nicht selbstverständlicher Sachverhalt, wenn man die wechselvolle Klostergeschichte bedenkt. Dagegen ist ihr Erhaltungszustand unterschiedlich. Vor allem finden sich Einbandschäden, Deckel sind gebrochen oder ganz verloren. Einen prekären Schaden bilden auch gebrochene Bünde (am Buchrücken sichtbare Wülste), denn sie halten eigentlich mit den Heftfäden den Text zusammen. Trotz Schutzkartons drohen die beschädigten Teile verlorenzugehen. Um einem Verlust vorzubeugen, muss auch der Text so gesichert werden, dass lose Blätter wieder in das Buch integriert, Risse im Blatt geschlossen und Fehlstellen im Papier ergänzt werden.

Zu den fünf am schwersten beschädigten Bänden gehört eine Inkunabel des Straßburger Buchdruckers Johannes Herolt mit Brandspuren an Vorderdeckel und Buchrücken. Dadurch hängt der schwere hölzerne Buchdeckel nur noch an einem Hanfbund, der diesem Zug allein nicht mehr lange standhalten wird. Weil auch Textpapier und Heftfaden in Mitleidenschaft gezogen sind, muss der Band auseinandergenommen werden, damit die brandgeschädigten Bereiche verstärkt werden können. Blatt für Blatt müssen diese Arbeiten durchgeführt werden, dadurch gestalten sie sich zeit- und kostenintensiv. Danach kann der stabilisierte Holzdeckel wieder angesetzt und mit einem neuen, im Farbton dem Original angeglichenen Leder überzogen werden. Erst dann wäre diese Unterweisung im christlichen Glauben von Johannes Herolt, schon 1477 in Straßburg gedruckt und mit roten und blauen Initialen ausgestaltet, ohne Substanzverlust zu benutzen. Für die Restaurierung dieses Bandes sind ca. 6.000 Euro veranschlagt. Weniger Arbeitszeit würde die Wiederherstellung des Bandes mit den Werken des antiken Autors Plutarch beanspruchen, weil hier weniger Papierarbeit anfällt. Dadurch wäre auch das Titelblatt mit der Abbildung der Druckwerkstatt des Druckers Ascensius aus der Zeit um 1520 – auf der Abbildung der oben querliegende Band – gesichert.

Eine Restaurierung dieser Bände würde ihre vollständige und uneingeschränkte Nutzung sowohl für die wissenschaftliche Bearbeitung als auch für Ausstellungszwecke gewährleisten. Unterstützen Sie die Inkunabelsammlung des Gutenberg-Museums deshalb dabei, die dringend notwendigen konservatorischen Vorhaben durchzuführen, was angesichts der Bedeutung der wertvollen Sammlung dringend notwendig ist. Zudem plant das Museum, nach der erfolgreichen Restaurierung eine Sonderausstellung über die Inkunabeln von St. Jakob zusammenzustellen, da die mit der Restaurierung verbundene Dokumentation neue Erkenntnisse erwarten lässt. Diese Ausstellung könnte buch- und stadthistorische Aspekte vermitteln und so den ehemaligen Reichtum und die geistige Bedeutung des Jakobsklosters vor Augen führen.