Retabel in Kolumba

Heilig-Geist-Retabel, Mitteltafel: Herabkunft des Heiligen Geistes
Heilig-Geist-Retabel, Mitteltafel: Herabkunft des Heiligen Geistes

Das Kunstmuseum des Erzbistums Köln kann nach fast zweijähriger Verhandlung und mit maßgeblicher Unterstützung der Kulturstiftung der Länder sowie der Ernst von Siemens Kunststiftung einen wertvollen mittelalterlichen Flügelaltar erwerben. Rechtzeitig zum Pfingstfest ist das große „Heilig-Geist-Retabel“ im höchsten Raum des Kölner Neubaus erstmals ausgestellt. Das ehemals aus der Sammlung der Fürsten zu Oettingen-Wallerstein stammende Triptychon gehört zu einer etwa zwischen 1445 und 1455 entstandenen Werkgruppe um das Wolfgang-Retabel aus der Nürnberger Lorenz-Kirche. In geöffnetem Zustand schildert die Mitteltafel des neu erworbenen Altaraufsatzes das Pfingstfest, auf den Flügeln flankiert von den Darstellungen der Verkündigung und der Geburt Christi, sowie der Auferstehung Christi und des Marientodes. Die geschlossenen Flügel präsentieren eine Reihe von Heiligen, unter denen auf den ersten Blick Kaiser Heinrich II. und seine Ehefrau Kunigunde hervortreten. Sie präsentieren das Modell des von ihnen gestifteten Bamberger Domes. Ihre Anwesenheit verweist auf das Bistum Bamberg als Heimat der Kirche, für die das Retabel geschaffen wurde. Die Rückseite der Mitteltafel schließlich trägt das Bild des Jüngsten Gerichtes.

So geläufig das Pfingstbild schon seit frühester Zeit ist, als zentrales Altarbild ist es im Mittelalter sehr außergewöhnlich. Die Wahl des Themas verweist mit großer Wahrscheinlichkeit auf das Patrozinium der Kirche, für die das Triptychon gestiftet wurde. Wegen der „Porträts“ von Heinrich und Kunigunde und der eher lokalen Wirksamkeit der Werkstatt wird es sich dabei um die Kirche des Heilig-Geist-Spitals in Nürnberg gehandelt haben. Die Auswahl der Heiligen auf den Außenseiten der Flügel passt ideal zum Zwölf-Boten-Altar in der Privatkapelle des 1423 verstorbenen Nürnberger Münzmeisters Herdegen Valzner im nördlichen Seitenschiff der Kirche. Valzners kinderlose Witwe Margarethe setzte die Stiftungstätigkeit ihres Mannes in großem Umfang fort und wird wohl kurz vor ihrem Tod im Jahre 1448/49 das Retabel als Erinnerung an das verstorbene Ehepaar und bleibendes Monument ihres Glaubens in Auftrag gegeben haben. Es scheint hier tatsächlich der glückliche Umstand eingetreten zu sein, dass ein mittelalterliches Triptychon, dessen zwischenzeitliche Provenienz nicht lückenlos belegt ist, wieder mit seinem ursprünglichen Bestimmungsort in Verbindung gebracht werden kann.

In der Sammlung von Kolumba bildet das Heilig-Geist-Retabel ein ideales Gegenstück zur etwa zeitgleich entstandenen Muttergottes mit dem Veilchen von Stefan Lochner. Auch die »Veilchenmadonna« wurde als Epitaph, und zwar für die Stifterin Elisabeth von Reichenstein, möglicherweise sogar in demselben Jahr in Auftrag gegeben. Die Bilder entstanden somit in einer Zeit, in der sowohl in Köln als auch in Nürnberg nur wenige Künstler tätig waren. In Köln war es die sehr intellektuelle, am Ideal der südlichen Niederlande orientierte Malweise Stefan Lochners, die den Markt dominierte, in Nürnberg die bodenständigere, auf böhmische Wurzeln zurückgreifende Malerei der Werkstatt vom Wolfgang-Retabel, die sich durch ungewöhnliche Bildthemen auszeichnete. Der für Kolumba neu erworbene Altar besticht durch eine Konzentration auf das Wesentliche der Ikonographie, die das in ihm gegebene Heilsversprechen anschaulich vermittelt, sowie durch eine Einfachheit der Malweise, deren Klarheit keineswegs schematisch, sondern höchst variantenreich ist. In dieser malerischen Klarheit, die bis heute wenig an Frische und Authentizität eingebüßt hat, beweist sich das hohe künstlerische Vermögen des Nürnberger Meisters und seiner Werkstatt.

Dr. Martin Hoernes, stellvertretender Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, sagte: „In Kolumba wird die wirkmächtige Darstellung des Pfingstfests auf Goldgrund eindrücklich mittelalterliche Frömmigkeit vermitteln und einen spannungsreichen Kontrast zur zeitgenössischen Kunst ermöglichen.“