Gegenwärtige Graphik

Ähnlich wie der Namensgeber des Gerhard-Altenbourg-Preises, den er im Jahr 2010 im Altenburger Lindenau-Museum entgegennahm, befindet sich auch der 1939 in Tel Aviv geborene Künstler Micha Ullman meist auf Spurensuche. Alten­bourg stieg mit seinen Landschafts­bildern tief in die Tektonik seiner Heimat Thüringen, Ullman schürfte sein Künstlerleben lang in den (Un-)Tiefen unseres Gedächtnisses. Doch wo Altenbourg die unsichtbaren Schichten der Erde, die Linien des Himmels und der Berge in seine vielschichtigen Tableaus bannt, sind es bei Ullman die unscharfen Abdrücke von realen Gegenständen, die sich in den langsam trocknenden, mit Farbe vermischten Wasserschichten abbilden, denen der Maler seine Papiere manchmal wochenlang aussetzt. Was erinnern wir, was er­kennen wir noch, wenn alles Dingliche längst abwesend ist, was bleibt, fragt Ullman. Ein zentrales Motiv durchzieht sein Werk seit Jahrzehnten, in Installa­tionen wie im malerischen Œuvre: der Tisch. Aus seiner gleichnamigen Aquarell­serie kommen nun zwei Blätter – eines davon als Geschenk des Künstlers und seiner Galerie Alexander Ochs Galleries Berlin/Beijing – ins Lindenau-Museum Altenburg.

Zum Abschied seiner langjährigen und höchst erfolgreichen Direktorin Jutta Penndorf konnte das Museum einen ganzen Reigen an neuen Positionen der Gegenwartskunst in seine Sammlung integrieren – unter den Neuerwerbungen, die mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Hermann Reemtsma Stiftung möglich wurden, be­finden sich Arbeiten mehrerer Künstler, die langjährig – u. a. auch als Träger des Gerhard-Altenbourg-Preises – mit dem Lindenau-Museum verbunden sind: 21 Zeich­nungen der Serie „Landvermesser“ (2002) von Walter Libuda sowie „Brennender Mann“ (2000) von Hartwig Ebersbach und „Halbakt“ von Lothar Böhme aus dem Jahr 1995. Erworben wurde auch ein Werk von Strawalde („An Chardin“, 1986), zu dem der Künstler die Gemälde „Grün-rotes Erdbild“ (1962) und „Ground“ (1991/2010) schenkte.

Eine aktuelle Ausstellung in Altenburg zeigt die neu angekauften Gemälde und Graphiken, die die Sammlung der Gegenwartskunst im Lindenau-Museum mit ihrem Schwerpunkt auf dem sächsisch-thüringischen Raum mit den Zentren Dres­den, Leipzig und Chemnitz sowie auf Berlin in idealer Weise durch Werke von hoher künstlerischer Qualität erweitern und bereichern.