Bilder vom Prinzen

Exzentrisch war sie und dichtete sich selbst gern glanzvolle und fantastische Rollen zu: Mit schwarzer Seide verkleidet und Glöckchen an den Füßen verwandelte sich Else Lasker-Schüler (1869–1945) in die Figur des Jussuf von Theben, den orientalischen Dichterprinzen. Literarisch und zeichnerisch setzte sie ihre Lieblingskostümierung im gleichnamigen Prosawerk „Der Prinz von Theben“ (1914) um. Die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e.V. mit Sitz in Wuppertal konnte nun mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Kunst-stiftung NRW sechs im Jahr 1913 entstandene Originalzeichnungen zur Illustration des Buches erwerben.

Die Illustrationen zählen zu den frühesten erhaltenen Zeichnungen der Künstlerin, die bis 1911 ausschließlich als Dichterin tätig war. Sie sind Zeugnis der Entwicklung der für Lasker-Schüler so typischen Formensprache, die sich durch orientalische Motivik, Betonung der Umrisse und fehlende Raum- und Tiefenwirkung auszeichnet. Die aus Wuppertal stammende bedeutende Vertreterin des deutschen Expressionismus in der Literatur widmete das mythische Prosabuch dem Pathologen und Lyriker Gottfried Benn, zu dem sie nach zwei gescheiterten Ehen eine leidenschaftliche Liebesbeziehung unterhielt. Benn war es auch, der sie als die „größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“ bezeichnete.

Das nun aus dem Kunsthandel erworbene Konvolut ist Teil einer Sammlung von 104 teilweise unveröffentlichten und lange verschollen geglaubten Zeichnungen, die 1937 als „entartet“ aus der Berliner Nationalgalerie entfernt und ins Ausland gebracht wurden. Die Illustrationen – darunter drei in möglicherweise von der Künstlerin selbst kunstvoll bemalten Rahmen – ergänzen die bereits aus 17 Zeichnungen Else Lasker-Schülers bestehende Sammlung (davon gehören vier zur Werkgruppe des „Prinzen von Theben“) der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e.V., die damit die größte zusammenhängende Sammlung außerhalb Israels vorweisen kann. Die sechs neuerworbenen Originale werden dem „Deutschen Zentrum für Verfolgte Künste“ unter dem Dach des Kunstmuseums Solingen als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.