Zu Gast bei Madame Beaumarié

Mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Düsseldorf erwirbt das Heinrich-Heine-Institut ein einzigartiges kultur­historisches Dokument: Das Album der Madame C. Beaumarié mit seinen insgesamt 87 eigenhändigen Eintragungen und Widmungen von Künstlern, Musikern und Schriftstellern enthält geradezu ein „Who’s who?“ des kulturellen und geistigen Lebens in der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Über die Sammlerin, die dieses prächtige, in bordeauxrotes Maroquin mit goldgeprägten Ornamenten gebundene Album als Gästebuch führte, ließ sich allerdings keine biographische Information ermitteln. Sie war gewiss eine Dame der Gesellschaft, die viel auf Reisen war, davon zeugen schon die Ortsangaben mancher Eintragungen wie Amsterdam, Kopenhagen, Brüssel oder Rom. Sie scheinen innerhalb von zwei Jahrzehnten ab den späten 1830er Jahren zusammen­gestellt worden zu sein. Etwa die Hälfte der Blätter ist datiert, sie entstanden zwischen 1837 und 1856.

Wenn Madame Beaumarié selbst auch unbekannt ist, sind diejenigen, die mit ihr geselligen Umgang pflegten und sich mit Erinnerungszeilen, Sinnsprüchen oder kleinen Zeichnungen in ihrem Album verewigt haben, umso bekannter. Ein Großteil der kulturellen Welt der Heine-Zeit findet sich in diesem Stammbuch, und man begegnet hier einigen der bedeutendsten Künstlern der Epoche auf private Weise. Heinrich Heine schrieb auf eines dieser Albumblätter sein berühmtes Gedicht „Ein Fichtenbaum steht einsam“, und seine Schriftstellerkollegin George Sand trug sich ebenfalls ein. Besonders prominent sind die Musiker vertreten: Der Name Felix Mendelssohn Bartholdy steht hier neben Hector Berlioz, Franz Liszt, Frédéric Chopin, Giacomo Meyerbeer oder Cesar Franck, hinzu kommen mit Geigern wie Niccolò Paganini und Heinrich Wilhelm Ernst sowie Pianisten wie Sigismund Thalberg und Theodor Döhler die bekanntesten Instrumentalvirtuosen der Zeit. Sie alle haben dieses Album nicht nur mit ihren Namen und einigen freundlichen Zeilen, sondern mitunter auch mit kleinen Kompositionen und Notenzitaten bereichert.

Mit insgesamt vierzig Einträgen machen die bildenden Künstler die größte Gruppe aus, in diesen Kreisen scheint Madame Beaumarié besonders häufig verkehrt zu haben. Die bekanntesten Namen sind hier der französische Historienmaler Paul Delaroche und der dänische Bildhauer Bertel Thorwaldsen. Nicht alle Schöpfer der bildkünstlerischen Einträge lassen sich identifizieren, doch befindet sich auch unter den anonymen Bildern manches Kabinettstückchen. Die mitunter sehr auf­wendigen Aquarelle, Bleistiftskizzen und Tuschezeichnungen sind Seestücke, Landschaftsdarstellungen, Genreszenen und Porträts.

In der Autographensammlung des Heinrich-Heine-Instituts nimmt das Album der Madame Beaumarié nun eine besondere Stellung ein, nicht nur wegen der bedeu­tenden Eintragung von Heines eigener Hand, sondern auch, weil darin mit den genannten Schriftstellern, Musikern und Malern ein Großteil derjenigen Per­sonen versammelt ist, die er in seinen journalistischen Schriften über das Pariser Kunst- und Geistesleben ausführlich geschildert hat und zu denen er selbst auf unter­schiedliche Weise in Beziehung stand.

Die Kulturstiftung der Länder hat in ihrer Schriftenreihe PATRIMONIA nun eine Dokumentation über dieses Album herausgebracht. Es enthält zahlreiche farbige Abbildungen sowie wissenschaftliche Beiträge über die darin enthaltenen literarischen, bildkünstlerischen und musikalischen Einträge.